Gastkommentare sind Beiträge, die nicht aus der Redaktion von Zukunft Neu Denken entspringen.

 

In einer kurzen Notiz bemerkte der französische Philosoph Michel Foucault im Jahre 1973, dass „wir auf grundlegende Weise nach dem Heute fragen“ müssen, wenn wir unsere Zukunft beherrschen wollen („O mundo é um grande hospício“, 1973).
Die meisten Menschen wissen es aus eigener, leidvoller Erfahrung: Wenn man heute nicht plant, spielt man mit der Zukunft. Manch einer von uns weiß aber auch, dass jede Planung ihre Grenzen hat. Denn nicht alles, was wir uns vornehmen, wird funktionieren. Und manch neue Lösung wird sich in der Zukunft als Problem herausstellen.
Was haben sich im Jahre 1961 die Damen und Herren des US-amerikanischen Weltraumprogramms wohl gedacht? Haben sie ihre Gegenwart grundlegend befragt oder haben sie nicht vielmehr unseren Mond fixiert, diesen für uns Menschen bis dahin unerreichbaren Ort — dem die Menschheit nun einen Besuch abstatten wollte?

Im selben Jahr kam ich zur Welt und saß 1969 vor dem Fernsehgerät, um die Landung des ersten Menschen auf dem Mond mitzuerleben. Dieses Projekt gab mir wahrlich Orientierung. Ich lernte damals, dass wir uns die schwierigsten, die kompliziertesten, ja, die verrücktesten Projekte vornehmen können. Und dass wir es schaffen, wenn wir nur wollen.

Genau ein halbes Jahrhundert nach diesem Coup erlebten meine drei Kinder den Transfer eines privaten Sportwagens in die Sonnenumlaufbahn. Dieses nicht weniger spektakuläre Ereignis orientierte mich persönlich darüber, dass wir Menschen einen entscheidenden Schritt weiter gekommen sind. Mir wurde plötzlich klar, dass wir technisch so viel mehr tun können — als wir tun sollten.
Manche Fortschritte unserer technischen Welt sind auf eine geradezu bedrohliche Weise leistungsfähig. Wenn wir uns heute Gedanken über unsere Zukunft machen, dann könnten wir zwei Richtungen im Blick haben: den nach vorne orientierten Blick in die Zukunft — aber auch den prüfenden Blick zurück.
Das uns vertraute Wort Orientierung ist eine Ableitung zu (frz.) orient und bedeutet soviel wie „die Richtung, in der ein neuer Tag aufsteigt“. Anlässlich der Weltlage im allgemeinen und der Gründung des Vereins „Zukunft Neu Denken“ im besonderen, schlage ich daher vor, dass wir heute gemeinsam unsere Kräfte zähmen, dass wir heute gemeinsam unseren unbedingten Willen depotenzieren, dass wir heute gemeinsame Grenze anerkennen — so „okzidentieren“ wir uns in zeitgemäßer Weise.

Nur ein Spiel mit Worten?

Nein, verstehen wir es als eine „Denkform“ der Zukunft — einer koexistentiellen Zukunft — einer Zukunft in Frieden, Gesundheit und Wohlstand.

Okzidentierung (© Belinda Fewings, unsplash)

 

Über den Autor…

Prof. Dr. Gerhard M. Buurman ist Designer und Kulturwissenschaftler. Von 2001 bis 2017 unterrichtete er an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich, wo er unter anderem die Studienbereiche Interaction Design und Game-Design gründete, den Aufbau des Swiss Design Institute for Finance and Banking initiierte und das Institut für Designforschung leitete. Heute arbeitet der Konstanzer mit seinem Institut für Denkformen einmal mehr an der Schnittstelle von Design und Ökonomie. Gerhard M. Buurman ist außerdem Teil des Zukunftsrates von Zukunft Neu Denken.

www.postmodular.de

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weiter neu denken

Zukunft Mensch: Regeneration als Revolution

Im Rahmen der Gesprächsreihe „Zukunftsstorys“ in Kooperation mit der Stadtbibliothek Dornbirn sprach Zukunftsforscher Klaus Kofler am 24. April 2025 mit Dr. Dr. Martin Grassberger über tief verwurzelte Annahmen unserer bisherigen Lösungsstrategien – ein Abend voller Impulse und Perspektivenwechsel – und ein volles Haus in der Stadtbibliothek Dornbirn.

GANZHEITLICHE ANSÄTZE

Was, wenn das Prinzip der Regeneration nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Wirtschaft, Politik und Bildung zum Leitsystem werden müsste? Was, wenn unser Körper mehr ist als ein Überlebensorganismus, sondern ein Wegweiser in eine lebenswerte Zukunft? Und was, wenn in uns selbst die Antwort auf eine erschöpfte Gesellschaft liegt?

Zu diesen Fragen habe ich mich mit meinem Gast, Univ.-Prof. DDr. Martin Grassberger – Gerichtsmediziner, Humanbiologe und Bestsellerautor („Regenerativ“) ausgetauscht. Er hat uns auf eine faszinierende Reise in das menschliche Ökosystem mitgenommen. Von der Zelle bis zum Bewusstsein, von der Ernährung bis zur Systemkritik.

  • Unser Körper – so Grassberger – ist kein Befehlsempfänger, sondern ein sich selbst organisierendes, adaptives Netzwerk.
  • Gesundheit ist kein Zustand, sondern ein fortwährender Regenerationsprozess.
  • Genau das, was uns biologisch am Leben erhält, könnte auch unsere Gesellschaft, unsere Umwelt und unsere Wirtschaft wieder in Balance bringen.

UMDENKEN

„Nicht ein ständiges MEHR, sondern ein kluges WENIGER ist die Antwort auf unsere Zeit.“

Diese einfache, aber radikale Erkenntnis durchzog den ganzen Abend. Dieser Talk hat das Publikum nicht nur erreicht, sondern spürbar bewegtDie Kombination aus fundierter Wissenschaft, klarer Sprache und tiefem humanistischem Denken hat nicht nur viele neue Fragen aufgeworfen, sondern auch Lust auf ein anderes Denken über uns selbst gemacht.

Vielleicht ist es wirklich an der Zeit, den Menschen nicht länger als Störfaktor, sondern als Teil der Lösung zu begreifen und die Natur nicht als Ressource, sondern als Lehrmeisterin. Denn Zukunft beginnt dort, wo wir wieder lernen, lebendig zu denken. Danke an Prof. Grassberger für seine inspirierende Präsenz. Danke an alle Teilnehmer für das große Interesse, das volle Haus und die vielen anregenden Gespräche.

Den gesamten Talk gibt es hier zum Nachhören.

 

Zukunftsblick

Talk Future: Zukunft Mensch

Mit unseren Zukunftsgesprächen betreiben wir im besten Sinne Zukunftslobbyismus, denn gemeinsam mit spannenden Protagonisten kreieren wir einen neuen mutigen Blick für unsere Zukunft. 

Ein gutes Leben für alle…

Wir alle blicken gerne in die Zukunft – doch wie sollten wir ihr entgegenblicken? Mit Zuversicht, Respekt oder gar Angst? Klaus Kofler ist Zukunftsforscher und war als solcher auch beim Kongress forumZUKUNFT der Caritas Steiermark zu Gast. Zuvor nahm er sich noch Zeit für ein Gespräch mit Megaphon-Chefredakteur Peter K. Wagner, in dem er erklärt, warum die Zukunft eine Ressource ist und worauf wir für ein besseres Zusammenleben achten sollten…

https://soundcloud.com/user-67078869/was-braucht-es-in-zukunft-um-ein-gutes-leben-fur-alle-zu-ermoglichen-klaus-kofler

 

Zukunftsblick

Podcast: Was braucht es, um in Zukunft „Ein gutes Leben für alle“ zu ermöglichen?

Wir alle blicken gerne in die Zukunft – doch wie sollten wir ihr entgegenblicken?

Zukunftsmut

Wir erleben momentan eine Phase von drei gleichzeitig stattfindenden Krisen, eine Natur- und Klimakrise, eine digitale Krise sowie eine geopolitische Krise. Wenn man als Zukunftsforscher auf diese Felder blickt kommt eines zum Vorschein – der Mensch. Denn letztlich werden wir durch unsere Veränderungsbereitschaft….

Link zum Artikel Kleine Zeitung

Zukunftsblick

Interview: Wir brauchen mehr Zukunftsmut

Klaus Kofler spricht im Gespräch mit der Kleinen Zeitung darüber, warum es mehr Mut, Wissen und einen grundlegenden Wandel in der Gesellschaft braucht