Werkzeuge für eine gute Gesellschaft

FURCHE-Redakteurin Manuela Tomic sprach mit dem Zukunftsforscher Klaus Kofler über die richtigen Werkzeuge für eine gute Gesellschaft. Denn, so Kofler, unsere Welt verändert sich derzeit so schnell, dass wir eben nicht auf die Erfahrungen der Vergangenheit bauen können. Sie entwickelt sich nicht mehr linear. Sie kann morgen schon ganz anders sein als heute…

Die Furche

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weiter neu denken

Wozu noch Zukunftsforschung, wenn die KI doch alles weiß?

Zukunftsforschung in einer Welt der Maschinenlogik

Ein kühler Morgen. Ein CEO sitzt im Konferenzraum. Vor ihm ein frisch generierter Bericht einer KI. Umfangreiche 35 Seiten Zukunftsszenarien. Klimadaten, Markttrends und demografische Entwicklungen. Alles berechnet, perfekt visualisiert und aufbereitet. „Beeindruckend“ sagt er. Und dann, fast beiläufig die Frage in die Runde: „Was machen wir jetzt damit“? Stille. Genau dieser Moment zeigt, worum es im Kern geht. Denn Zukunft ist keine Rechenaufgabe, sie ist eine Entscheidung.

Die große Illusion, wir können die Zukunft berechnen

Im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz verführen uns Maschinen zur Vorstellung, Zukunft ließe sich aus der Vergangenheit durch Mustererkennung, Datenmodelle oder Wahrscheinlichkeiten ableiten. Aber je mehr wir uns auf solche Berechnung verlassen, desto mehr verharren wir in der Gegenwart. So, als wäre Zukunft nur Kulisse, Technologie, Markt oder Innovation. Etwas, das wir mit Daten befüllen, aber nicht mit Bedeutung. Wir haben die Zukunft funktionalisiert und zur Projektionsfläche gemacht. Zur Ware, zur Simulation, bis hin zum Risikofaktor. Doch in Wahrheit haben wir sie entkernt, entemotionalisiert, entpolitisiert und entmenschlicht. Zukunft wurde zu einer (Management)-Kennzahl reduziert. Aber in Wirklichkeit war und ist sie ein Möglichkeitsraum. Ein Raum der Haltung und Entfaltung und niemals ein Raum der nackten Effizienz.

Zukunftsforschung war nie dafür da, Zukunft vorherzusagen. Sie war immer ein kritisches Korrektiv. Ein „Ort“ des Infrage- stellens und der Versuch, das Undenkbare denkbar zu machen und gleichzeitig zu hinterfragen. Gerade in einer Welt, in der Maschinen das Denken zunehmend übernehmen, braucht es den Menschen mehr denn je. Menschen, die wieder zu Fragende, Entscheidende und Gestaltende werden.

KI kann keine Verantwortung übernehmen

In ihrem Buch „Atlas der KI“ schreibt Kate Crawford: «Intelligenz hat primär mit rationalem Handeln zu tun.» Nur das Wechselspiel zwischen Denken und Handeln verbunden mit vielen bewussten und unbewussten Prozessen ist das Merkmal von Intelligenz. KI ist unumstritten brillant in der Analyse. Nur kennt sie keine Ethik. Sie liefert keine Absicht und kein Wofür und kein Warum. Sie simuliert Optionen, trifft jedoch keine Entscheidung und übernimmt schon gar keine Verantwortung. Gerade deshalb braucht es Zukunftsforschung als kulturelle, ethische und strategische Instanz, wenn es um Zukunft geht.

Wir leben in einer Welt, in der wir dringend wieder Werte über Wahrscheinlichkeiten stellen müssen. Weil es unumgänglich ist, dass wir gerade jetzt langfristige Wirkungen vor immer noch schnellere und kurzfristigere Optimierung setzen müssen. Es ist wichtiger denn je, Menschen und Organisationen zu befähigen, in einer unsicheren, komplexen und instabilen Welt handlungsfähig zu bleiben. Wir haben gelernt, perfekt auf Zukunft zu reagieren. Jetzt aber gilt es, mit ihr zu interagieren. Und das ist etwas grundlegend Neues.

Orientierung statt Geschwindigkeit

Wir leben in einer Welt, die uns täglich mit neuen Bildern, Szenarien und Informationen überflutet. Zukunft wird dadurch nicht nur immer beliebiger, sondern gleichzeitig auch immer bedrohlicher. Doch wer heute nur noch auf Daten blickt, plant Zukunft mit dem Rückspiegel. Gerade in unruhigen Zeiten braucht es Orientierung, um durch Haltung, Sinn und Zukunftskompetenz wieder Richtung zu geben. Und genau das ist die Stärke zeitgemäßer Zukunftsforschung. Quasi die Zukunft der Zukunftsforschung. Sie eröffnet Perspektivwechsel, die nicht nur absichern, sondern eingefahrene Denkmuster irritieren, um sie als lebendiger Denk- und Handlungsraum bewusst und wirksam wieder zugänglich zu machen.

Zukunft ist gestaltbar oder gar nicht

Ein fataler Irrtum unserer Zeit ist der Glaube, dass Technologie selbst die Lösung ist. Aber Technologie ist niemals neutral. Sie ist immer Ausdruck von Werten, Weltbildern und Machtverhältnissen. Jede Innovation ist eine Entscheidung für bestimmte Zukünfte aber zugleich auch gegen andere. Deshalb ist auch Zukunft nicht neutral. Denn sie ist das Ergebnis unserer Entscheidungen oder unserer Untätigkeit. Überlassen wir sie den Maschinen, bekommen wir technologische Perfektion jedoch ohne moralischen Kompass. Wer sie neu denkt, als offenen Prozess zwischen Kultur, Gestaltung und Verantwortung, schafft Räume, in denen Zukunft wieder zu etwas wird, das uns gehört.

Zurück in den Konferenzraum. Die KI hat geliefert. Aber jetzt ist der Mensch dran, einen neuen Schritt in seinem Menschsein zu vollziehen. Nicht auf die Frage hin, was ein Algorithmus vorgibt, sondern was wir selbst mit uns und unserer Zukunft anstellen wollen.

© Klaus Kofler

 

 

Zukunftsblick

Wozu noch Zukunftsforschung?

Zukunft ist nicht neutral. Sie ist das Ergebnis unserer Entscheidungen oder unserer Untätigkeit. KI ist unumstritten brillant in der Analyse. Nur kennt sie keine Ethik. Sie liefert keine Absicht und kein Wofür und kein Warum.

Zukunft Mensch: Regeneration als Revolution

Im Rahmen der Gesprächsreihe „Zukunftsstorys“ in Kooperation mit der Stadtbibliothek Dornbirn sprach Zukunftsforscher Klaus Kofler am 24. April 2025 mit Dr. Dr. Martin Grassberger über tief verwurzelte Annahmen unserer bisherigen Lösungsstrategien – ein Abend voller Impulse und Perspektivenwechsel – und ein volles Haus in der Stadtbibliothek Dornbirn.

GANZHEITLICHE ANSÄTZE

Was, wenn das Prinzip der Regeneration nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Wirtschaft, Politik und Bildung zum Leitsystem werden müsste? Was, wenn unser Körper mehr ist als ein Überlebensorganismus, sondern ein Wegweiser in eine lebenswerte Zukunft? Und was, wenn in uns selbst die Antwort auf eine erschöpfte Gesellschaft liegt?

Zu diesen Fragen habe ich mich mit meinem Gast, Univ.-Prof. DDr. Martin Grassberger – Gerichtsmediziner, Humanbiologe und Bestsellerautor („Regenerativ“) ausgetauscht. Er hat uns auf eine faszinierende Reise in das menschliche Ökosystem mitgenommen. Von der Zelle bis zum Bewusstsein, von der Ernährung bis zur Systemkritik.

  • Unser Körper – so Grassberger – ist kein Befehlsempfänger, sondern ein sich selbst organisierendes, adaptives Netzwerk.
  • Gesundheit ist kein Zustand, sondern ein fortwährender Regenerationsprozess.
  • Genau das, was uns biologisch am Leben erhält, könnte auch unsere Gesellschaft, unsere Umwelt und unsere Wirtschaft wieder in Balance bringen.

UMDENKEN

„Nicht ein ständiges MEHR, sondern ein kluges WENIGER ist die Antwort auf unsere Zeit.“

Diese einfache, aber radikale Erkenntnis durchzog den ganzen Abend. Dieser Talk hat das Publikum nicht nur erreicht, sondern spürbar bewegtDie Kombination aus fundierter Wissenschaft, klarer Sprache und tiefem humanistischem Denken hat nicht nur viele neue Fragen aufgeworfen, sondern auch Lust auf ein anderes Denken über uns selbst gemacht.

Vielleicht ist es wirklich an der Zeit, den Menschen nicht länger als Störfaktor, sondern als Teil der Lösung zu begreifen und die Natur nicht als Ressource, sondern als Lehrmeisterin. Denn Zukunft beginnt dort, wo wir wieder lernen, lebendig zu denken. Danke an Prof. Grassberger für seine inspirierende Präsenz. Danke an alle Teilnehmer für das große Interesse, das volle Haus und die vielen anregenden Gespräche.

Den gesamten Talk gibt es hier zum Nachhören.

 

Zukunftsblick

Talk Future: Zukunft Mensch

Mit unseren Zukunftsgesprächen betreiben wir im besten Sinne Zukunftslobbyismus, denn gemeinsam mit spannenden Protagonisten kreieren wir einen neuen mutigen Blick für unsere Zukunft. 

Ein gutes Leben für alle…

Wir alle blicken gerne in die Zukunft – doch wie sollten wir ihr entgegenblicken? Mit Zuversicht, Respekt oder gar Angst? Klaus Kofler ist Zukunftsforscher und war als solcher auch beim Kongress forumZUKUNFT der Caritas Steiermark zu Gast. Zuvor nahm er sich noch Zeit für ein Gespräch mit Megaphon-Chefredakteur Peter K. Wagner, in dem er erklärt, warum die Zukunft eine Ressource ist und worauf wir für ein besseres Zusammenleben achten sollten…

https://soundcloud.com/user-67078869/was-braucht-es-in-zukunft-um-ein-gutes-leben-fur-alle-zu-ermoglichen-klaus-kofler

 

Zukunftsblick

Podcast: Was braucht es, um in Zukunft „Ein gutes Leben für alle“ zu ermöglichen?

Wir alle blicken gerne in die Zukunft – doch wie sollten wir ihr entgegenblicken?